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Notizen zur Fotografie

Apple QuickTake 100

Ich mag die Anmutung analog aufgenommener Lo-fi-Photos und vermute, dass es – aus ästhetischer Sicht – digital entsprechendes gibt. Das ist jedoch eher unab­hängig vom Alter der Kamera oder von der Auflösung des Sensors; analog lo-fi wird ja auch mit High-tech-Filmen photographiert.
Ich habe noch keine schlüssige Theorie, was dieses lo-fi sein könnte – ob für analog oder für digital. Mit einem Rand­gebiete-Projekt will ich das mittel­fristig für mich klären.

Ein Baustein in diesem Vorhaben war mein sofobomo-Projekt 2009. Dafür habe ich im Juni 2009 drei Wochen lang täglich mit der Vintage-Digital­kamera Apple QuickTake 100 photo­graphiert. → Als Ergebnis liegt die pdf-Datei Abschied vor.

© Martin Frech: Kaugummiautomat

© Martin Frech: Kaugummiautomat

Die Digital­kamera QuickTake 100 von Apple Computer wurde mit Kodak entwickelt und kam 1994 für etwa 1.500 DM auf den Markt. Ich weiß nicht, für welche Zielgruppe diese Kamera gedacht war, vielleicht wusste Apple das selbst nicht so genau. Vergleich­bare Produkte gab es im Preis­segment unter 2.000 DM damals m. W. jeden­falls nicht – abgesehen vielleicht von Logitechs drei Jahre zuvor einge­führter Kamera FotoMan FM-1 (Dycam Model 1; 376 × 240 Pixel), die jedoch nur 8-Bit-Schwarz­weiß­bilder liefert (spätere Modelle waren farbfähig). 1

Die QuickTake 100 war die erste von drei Apple-Kameras. Es folgten die QuickTake 150 und die QuickTake 200. Die QuickTake 150 entspricht hardware­mäßig der QuickTake 100, durch eine geänderte Firm­ware passen jedoch doppelt so viele Bilder in den Speicher; außer­dem wurde sie mit einer Nah­linse ausge­liefert. Die QuickTake 200 wurde von Fuji entwickelt und ist eine völlig andere Kamera. Die Serie wurde jedoch bereits 1997 wieder eingestellt. Kodak entwickelte die QuickTake 100 zur DC40 weiter und vertrieb diese ab 1995 als Kodak-Kamera.

© Martin Frech: Apple QuickTake 100, Vorderansicht

© Martin Frech: Apple QuickTake 100, Vorderansicht

Die Rahmen­daten der QuickTake 100: Auflösung 640 × 480 oder 320 × 240 Pixel, 24 Bit Farbe, Kameras­peicher für acht Bilder, kein Display zur Anzeige der Bilder, Fix­fokus-Objektiv, auto­matische Belichtung, eingebauter Blitz (Details siehe Tab. 1).

Wie von Apple nicht anders zu erwarten, ist das Design der QuickTake schnörkel­los, haptisch angenehm und intuitiv verständlich.

Die Kamera wird einge­schaltet, indem die kombinierte Objektiv- und Sucher­abdeckung beiseite geschoben wird; nach etwa einer Sekunde ist sie betriebs­bereit. Nun wird die QuickTake mit beiden Händen wie ein Fern­glas gehalten. Sie hat ein angenehmes Gewicht und liegt sehr gut und ruhig in der Hand. Der Sucher ist hell und bis auf ein grünes Licht (= funktions­bereit) ohne zusätzliche Anzeigen.

Der Auslöser befindet sich oben und wird mit Zeige- und Mittel­finger der rechten Hand bedient. Ein leichter, doch spürbarer Druck löst mit einem mechanischen Klick aus. Nach kurzer Verzögerung hört man ein leises, schnarrendes Geräusch, wahr­schein­lich den Verschluss. Nun dauert es etwa zehn Sekunden bis die Kamera wieder auslöse­bereit ist.

Das vergütete Objektiv hat eine Brenn­weite von 8 mm, das entspricht laut Hand­buch etwa einem 50-mm-Objektiv an einer Klein­bild­kamera. Ein Filter­gewinde ist nicht vorhanden, jedoch kann eine Nah­linse ange­klippt werden. Das Objektiv ist nicht fokusier­bar, die Nah­grenze liegt ohne Vorsatz­linse bei etwa 1,20 m.

Die Empfindlich­keit des 0,31-MP-CCD-Sensors entspricht etwa ISO 85. Die Belichtung erfolgt aus­schließ­lich auto­matisch (Bl. 2,8 bis 16, Zeiten von 1/30 s bis 1/175 s). Der einge­baute Blitz ist abschaltbar und hat eine Reich­weite bis etwa 2,70 m.

Drei Mignon-Zellen liefern die Energie für den laufenden Betrieb. Apple hat NiCad-Akkus vorgesehen und das entsprechende Lade­gerät mit­geliefert. Der Betrieb mit gewöhnlichen Alkaline-Zellen ist jedoch laut Hand­buch ausdrück­lich möglich. Nach einer Minute Inaktivität schaltet das Gerät in den Ruhe­zustand, der durch Drücken des Auslösers beendet wird.
Für den stationären Betrieb kann die Kamera auch mit einem Netz­teil betrieben werden (nicht im Liefer­umfang).
Ein solch praktisches Energie­konzept war damals nicht selbst­verständlich (und ist es heute leider immer noch nicht). Logitechs FotoMan muss beispiels­weise ständig unter Strom stehen, da die Bild­daten in einem dynamischen RAM gespeichert werden: Batterie leer – Bilder weg. Andere Hersteller setzen auf Spezial­akkus, die nach einigen Jahren nur umständlich oder gar nicht mehr beschafft werden können.

© Martin Frech: Das Kontrollfeld der QuickTake 100:Vier Bilder sind gespeichert, 19 können noch aufgenommen werden mit der verminderten Auflösung (Symbol o. re.).

© Martin Frech: Das Kontrollfeld der QuickTake 100:
Vier Bilder sind gespeichert, 19 können noch aufgenommen werden mit der verminderten Auflösung (Symbol o. re.).

Neben dem Sucher befinden sich auf der Rück­seite der QuickTake 100 ein LC-Display und vier Tasten. Mit den Tasten kontrolliert man den eingebauten Blitz, schaltet die Auflösung um, startet den Selbst­auslöser oder löscht alle Bilder im Kamera­speicher. Diese Taste ist praktischer­weise versenkt und nur mit einer Spitze bedienbar. Angezeigt werden der Lade­zustand der Batterien, die gewählte Auflösung, die Anzahl der gespeicherten Bilder und die Anzahl der noch möglichen Bilder. Die Auflösung kann pro Bild auf 640 × 480 oder 320 × 240 Pixel eingestellt werden; jeweils bei einer Farb­tiefe von 24 Bit.

Die Bild­daten der QuickTake werden in ein fest einge­bautes 1-MB-EPROM gespeichert, welches die Daten für – je nach Auflösung – acht bis 32 Bilder unab­hängig von Batterie­spannung speichert. Meine QuickTake lag bis zu ihrer Wieder-Erweckung etwa fünf Jahre im Schrank; die letzten Bilder, die ich damals auf­genommen hatte, waren noch da.

Kodak/Apple haben für die QuickTake das proprietäres Datei­format PICT QuickTake erfunden. In diesem Format werden die Bilder in der Kamera gespeichert. Will man die Daten verwenden, benötigt man einen entsprechenden QuickTake-Dekom­pressor, der in Form einer Apple-System­erweiterung mitgeliefert wird und nur zusammen mit QuickTime funktioniert.

© Martin Frech: Die QuickTake 100 kann komplett per Software fernbedient werden. (Screenshot)

© Martin Frech: Die QuickTake 100 kann komplett per Software fernbedient werden. (Screenshot)

Der Daten­austausch mit dem Computer läuft über die damals Apple-typische runde serielle acht­polige Schnitt­stelle. Darüber werden nicht nur die Bild­daten kopiert. Die Kamera kann mit dem mitgelieferten QuickTake-Programm auch komplett fern­bedient werden. Da ein Standard-Stativ­gewinde vorhanden ist, sind Anwendungen im Studio durchaus denkbar.
Interessant ist, dass der Kamera­speicher über ein mitgeliefertes System-Kontroll­feld als nur-lesbar gemountet werden kann. So ist man für die Arbeit mit der Kamera nicht auf die rudimentäre QuickTake-Software angewiesen.

© Martin Frech: Das Kontrollfeld zum mounten des QuickTake-Speichers. (Screenshot)

© Martin Frech: Das Kontrollfeld zum mounten des QuickTake-Speichers. (Screenshot)

Computer­seitig ist ein altes Apple-System Voraus­setzung für die Arbeit mit der QuickTake; mit Mac OS X kann die Kamera nicht genutzt werden. Zum einen wegen des Datei­formats: The QuickTake 100 and QuickTake 150 digital cameras have a unique codec (compressor-decompressor) that is not available in Mac OS X. QuickTake Pictures must be converted to a different compression format under Mac OS 9 or earlier to be opened in Mac OS X.2
Zum anderen wurde bei neueren Macs die serielle Schnitt­stelle durch USB ersetzt und das alte Apple-Seriell-Protokoll wird unter OS X nicht unterstützt. Eventuell könnte man mit Adaptern zum Ziel kommen (z. B. Keyspan, Griffin gPort oder Gee three Stealth Port), ich habe das jedoch nicht getestet, zumal das Problem des fehlenden Codecs damit nicht gelöst würde (evtl. jedoch unter Classic).

QuickTake 100 gemountet (Screenshot)
Ich arbeite mit dem Apple Quadra 650 unter MacOS 7.6.1. Die QuickTake-Software verwende ich nicht. Über das Kontroll­feld mounte ich den Kamera­speicher, kopiere die Bild­dateien über den Finder und konvertiere sie mit Photoshop 3.0 in Tiff-Dateien. Diese Roh­daten brenne ich mit einem per SCSI angeschlossenen CD-Brenner auf CD-ROMs. Damit stehen mir alle Wege für eine zeit­genössische Bild­bearbeitung auf anderen Systemen offen.

Tab. 1: Technische Daten der Apple QuickTake 100

Apple QuickTake 100
TypSucherkamera
Sensor/
Auflösung/
Farbtiefe
CCD/
640 × 480 Pixel und 320 × 240 Pixel/
24 Bit
Empfindlichkeitentsprechend ISO 85
Objektiv1:2.8/8 mm (entspricht etwa 50 mm bei KB)
Filtergewinde
Fokusierungfixfokus ab 1,2 m
Belichtungsmesser(automatisch)
Verschlußzeiten1/30 s bis 1/175 s (automatisch)
Anschluß für Fernauslöser– (fernbedienbar über Software)
Selbstauslöser10 s Vorlaufzeit
Blitzkontakt/
Zubehörschuh
–/
eingebauter Blitzja (Reichweite bis 2,70 m)
Stativgewinde1/4 Zoll
DateiformatQuickTake PICT (proprietär)
Schnittstelleseriell (Macintosh zum Anschluß an Drucker-/Modemport)
Speicher/-karte1 MB/–
ComputersystemMacOS 7 bis 9 (Prozessor 68020 aufwärts), evtl. MS-Win 3.1 u. 95 (es gab ein QuickTake 100 Connection Kit für Windows)
Stromversorgungdrei AA-Batterien/Akkus, ext. Netzteil
Maße/
Gewicht
ca. 130 × 160 × 50 mm/
ca. 530 g (mit Batterien und Trageriemen)
ZubehörBatterieladegerät, serielles Kabel, Software, Handbuch, Trageriemen
Hersteller/
Produktionszeit
Apple Computer/
1994 bis 1995

1
vgl. Logitech Fotoman (1991). Auf: »Digitalkamera Museum«; o. D. Online: ↬ digitalkameramuseum.de/de/digitalkameras/item/logitech-fotoman-de [2020-07-25]
2
Mac OS X: Unable to Open QuickTake 100, 150 Pictures. Auf den Apple-Support-Webseiten; 19.02.2012. Online: ↬ support.apple.com/kb/TA26494 [2020-07-25]

Zitierempfehlung:
Frech, Martin: Apple QuickTake 100. In: Notizen zur Fotografie, 2009-06-26. Online: https://nzf.medienfrech.de/NzF/2009-06-26/Apple_QuickTake-100.html [Abrufdatum]