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Mein Buchprojekt »Abschied«

Martin Frech

Nach den guten Er­fahr­un­gen 2008⁠1 habe ich auch beim zwei­ten Solo Photo Book Month 2009 mitgemacht.⁠2 Neben der Ge­stal­tung eines Fo­to­buchs innerhalb von 30 Tagen gehört zum Kon­zept, dass die Teil­neh­mer­in­nen und Teil­neh­mer über den Fortgang ihres Pro­jekts bloggen.

Mit dem Umzug meines alten blogs habe ich die ein­zel­nen Posts von da­mals⁠3 leicht überarbeitet und hier zu­sam­men­ge­fasst.

1. Entscheidung für ein Filmmaterial

Mitte der 1980er-Jahre habe ich in Essen pro­jekt­be­zo­gen eine größere Menge Roll­filme vom Typ ORWO NP 20 gekauft. Einige sind da­mals üb­rig­ge­blie­ben und be­fin­den sich noch in mei­nem Filmlager.

Farbbild: Rollfilme ORWO NP 20, verpackt und unverpackt (Foto: Martin Frech, 4/2009)
ORWO NP 20 (Foto: Martin Frech, 4/2009)
Farbbild: Rollfilme ORWO NP 20, verpackt und unverpackt (Foto: Martin Frech, 4/2009)

Nun steht mein sofobomo-Pro­jekt 2009 an und ich dachte da­rü­ber nach, die Auf­nah­men mit diesem NP-20-Rest­be­stand an­zu­fer­ti­gen.
Zum sofobomo-Kon­zept gehört, dass die Teil­neh­mer über den Wer­de­gang ihrer Pro­jek­te berichten – daher will ich meine Über­le­gungen zur Film­wahl hier kundtun.

Die Filme sind im August 1990 abgelaufen und waren all die Jahre nicht fach­gerecht ge­la­gert; das sollte mit­tel­emp­find­li­chem Schwarz­weiß-Ma­te­ri­al je­doch nicht allzu viel anhaben.
Ich habe den­noch einige Test­auf­nah­men ge­macht.

Scan des Klebebands zum Verschließen des belichteten Rollfilms. (Foto: Martin Frech, 5/2009)
Scan des Klebebands zum Verschließen des belichteten Rollfilms. (Foto: Martin Frech, 5/2009)
Tab. 1: Auflösung der Abkürzungen
ORWOOriginal Wolfen
(Markenname für Pro­duk­te des VEB Fo­to­che­mi­sches Kombinat Wolfen/DDR)
NNe­ga­tiv­film
Ppan­chro­ma­tisch sen­si­bi­li­siert
2020 °DIN

NP 20 läßt sich in allen gängigen Entwicklern ver­ar­bei­ten. Jedem Film liegt ein aus­führ­li­cher Zet­tel bei, auf dem als be­vor­zug­te Ent­wick­ler A03, R09 und A49 auf­ge­führt sind. A03 ist ein Feinkorn-Ent­wick­ler für die Tank- und Ma­schi­nen­ent­wick­lung, R09 ent­spricht im wesentlichen Rodinal und A49 ist ein Feinst­korn­ent­wick­ler (wird heute als ADOLUX ATM 49 ver­trie­ben). Sowohl A49 als auch Rodinal habe ich neben Xtol und HC-110 immer vorrätig.

Ich habe mich für Rodinal ent­schie­den. Zu den Ent­wick­lungs­zei­ten macht der Zet­tel keine Angaben, es gilt die ORWO-Vorschrift 1100.
In meiner Bib­lio­thek befindet sich das sehr aus­führ­li­che Daten­blatt zum NP-20-Nachfolger NP 22 sowie das Buch Fo­to­gra­fi­sche Chemie von Junge/Hübner. Für Rodinal (1+40) wer­den in beiden Pub­li­ka­tio­nen 9–11 Minuten Ent­wick­lungs­zeit bei 20 °C und ständiger mäßiger Be­we­gung empfohlen.

Für meinen ersten Test habe ich für den NP 20 einen E⁠.⁠ ⁠I⁠. von 17 °DIN festgelegt und das Ne­ga­tiv (vor­ge­wäs­sert) 12,5 Minuten lang ent­wick­elt. Das ergab etwa folgende Dichten:

Tab. 2: Ne­ga­tiv­dich­ten deut­lich überlagerter NP 20
Minimale Dichte (b&f)0.22
ZoneIIIVVIIIX
Dichte über Unterlage und Schleier0.380.631.261.6

Diese Werte sind ok. Für die minimale Dichte des NP 22 (Roll­film) gibt das Daten­blatt einen Wert von 0.15 an. Es ist klar, dass ein so deut­lich überlagerter Film eine höhere Grund­dich­te aufweist als das frische Ma­te­ri­al (hier etwa zwei Blenden). Das stört mich je­doch nicht, da belichte ich spä­ter einfach durch.

Die nächste Rolle habe ich dann für mehr Kon­trast mit 14 Minuten etwas länger ent­wick­elt und bin mit den Er­geb­nis­sen zufrieden; vielleicht sollte ich noch etwas reichlicher belichten.
Zum Ver­gleich habe ich jedes Motiv au­ßer­dem auf Kodak T-Max 400 (TMY-2) be­lich­tet.

Die Test­auf­nah­men habe ich auf Ilford Multigrade IV vergrößert und mit dem Epson V750 ge­scannt.

Testmotiv (Aus­schnitt aus 300-dpi-Scan, png-Datei)
ORWO NP 20 (17 °DIN), Agfa Rodinal 1+40, 6,7-fach linear vergrößert auf Ilford MG IV
Testmotiv (Aus­schnitt aus 300-dpi-Scan, png-Datei)
Kodak T-Max 400 (24 DIN), Kodak Xtol 1+2, 6,7-fach linear vergrößert auf Ilford MG IV
Ne­ga­tiv auf der Leucht­platte
ORWO NP 20 (17 DIN), Agfa Rodinal 1+40
obiges Ne­ga­tiv vergrößert auf Ilford MG IV
ORWO NP 20 (17 DIN), Agfa Rodinal 1+40
Ne­ga­tiv auf der Leucht­platte
Kodak T-Max 400 (24 DIN), Kodak Xtol 1+2
obiges Ne­ga­tiv vergrößert auf Ilford MG IV
Kodak T-Max 400 (24 DIN), Kodak Xtol 1+2
Ver­grö­ße­rung vom ORWO-NP-20-Ne­ga­tiv
Ver­grö­ße­rung vom T-Max-400-Ne­ga­tiv
© Martin Frech: Vergrößerung vom ORWO-NP-20-Negativ© Martin Frech: Vergrößerung vom T-Max-400-Negativ

Das soll kein technischer Ver­gleich von NP 20 und T-Max 400 sein – viel­mehr ging es mir darum, beide Filme auf die Tauglichkeit für mein konkretes Pro­jekt abzuklopfen. Die hier ge­zeig­ten Scans sind daher rein illustrativ. Was für mich zählt, ist die An­mu­tung der Ver­grö­ße­rung. Und da macht der NP 20 eine über­ra­schend gute Figur, die Auf­nah­men sind je­doch teilweise wolkig ver­schlei­ert.

Ich werde meine NP-20-Rest­be­stän­de aus fol­gen­den Gründen den­noch nicht ver­wen­den:

  1. Ich kann nicht sicher sein, dass jede der NP-20-Rollen von gleicher Qua­li­tät ist und Auf­nah­men zu wiederholen ist bei diesem engen Zeitplan nicht angenehm.
  2. Da ich in Innenräumen mit vorhandenem Licht ar­bei­ten werde, sind mir 15 bis 17 °DIN eine zu geringe Emp­find­lich­keit (laut der Tabelle für den NP 22 muss der Film bei einer gemessenen Be­lich­tungs­zeit von 5 s schon 2,3mal so lange be­lich­tet wer­den um den Schwarz­schild­effekt aus­zu­glei­chen, bei 30 s muss man daher schon 2 Minuten belichten).
  3. Die Ver­grö­ße­rung­en zei­gen keinen speziellen NP-20-Look, der diese Nachteile aufwiegen würde.
  4. Ich habe keine sen­ti­men­ta­len Er­in­ne­run­gen an diesen Film.
  5. Warum soll ich dann auf Aufnahme-Komfort und Bild­qua­li­tät verzichten?

2. Foto-pdf statt Fotobuch

Die Regeln sind klar, Paul Butzi wies uns gestern nochmal darauf hin: Das End­pro­dukt für den sofobomo ist eine pdf-Datei⁠4. So steht es ja auch »offiziell« ge­schrieben⁠5:

What qualifies as a completed photo book?
The goal is a nicely formatted PDF with the photos in it …
So I don’t need to actually finish with a printed copy of the book? Nope.
A PDF file will do. — Paul Butzi
Schwarzweißbild: Ein Rollfilm hängt zum Trocknen an einem Bindfaden. (Foto: Martin Frech, 6/2009)
Abschied | sofobomo 2009 | Film 3 trocknet (Foto: Martin Frech, 6/2009)
Schwarzweißbild: Ein Rollfilm hängt zum Trocknen an einem Bindfaden. (Foto: Martin Frech, 6/2009)

Kein gedrucktes Buch also, sondern eine Datei. Irre­führend ist daher der Name der Ver­an­stal­tung: Solo Photo Book Month (sofobomo). Nun ist eine pdf-Datei aber kein Buch. Solo Photo pdf file Month (sofopdfimo) wäre also passender, würde je­doch blöd klingen.

Dem sofobomo-pdf-Zwang könnte man zwar auch genügen, wenn man ein ge­kleb­tes Fo­to­al­bum scannt (auch wenn diejenigen Teil­neh­mer, die Ihre Bilder schon in der Ka­me­ra digi­tali­sieren, wohl kaum auf diese Idee kämen).

Das pdf-Format bietet je­doch au­ßer­buch­liche Mög­lich­keiten wie Na­vi­ga­tions­struk­tu­ren jenseits eines In­halts­ver­zeich­nis­ses oder eigebettete Töne, die es aus­zu­lo­ten gilt. Gordon McGregor hat auf seinem blog Photo­Expressions einen Text des Lenswork-Herausgebers Brooks Jensen ver­öf­fent­licht, in wel­chem die­ser ent­spre­chen­de Ge­dan­ken zum Foto-pdf formuliert.⁠6

Schöne Ideen; jetzt muss man nur noch was draus machen – in nur 30 Tagen. Aber der Vorteil des Termins ist ja gerade, dass dann das fertig ist, was eben fertig ist. Und wenn es nur die Vor­stu­die zu etwas besserem ist. Oder im über­tra­ge­nen Sinne: There’s nothing like standing somewhere and actually taking pictures for ending the theorising.7

3. Digitalisieren

Während mein fünfter sofobomo-Film trocknet, habe ich mir Ge­dan­ken da­rü­ber ge­macht, wie ich die Ne­ga­tive digi­tali­sieren werde. Da ich keinen Dienst­leister be­auf­tra­gen möchte, habe ich drei Mög­lich­keiten:

  1. Ne­ga­tive vergrößern und die Abzüge scannen,
  2. Ne­ga­tive auf dem Flach­bett­scanner scannen und
  3. Ne­ga­tive mit der Digi­tal­ka­me­ra von der Leucht­platte ab­fo­to­gra­fie­ren.
© Martin Frech: Abschied | sofobomo 2009 | Ne­ga­tiv auf der Leucht­platte

Option eins entfällt für mich, da es mir zu aufwendig ist, die Ne­ga­tive nur für das Scannen zu vergrößern; zumal diese dann maximal A4 groß sein dürf­ten.
Die beiden an­de­ren Mög­lich­keiten sind praktikabel – mit ver­gleich­ba­ren Bild­er­geb­nis­sen:

Aus­schnitt, un­ge­schärft: Negativ­scan, Epson V750, VueScan
Aus­schnitt, un­ge­schärft: Ne­ga­tiv auf Leucht­platte ab­fo­to­gra­fiert, Nikon D70, Micro-Nikkor 2.8/55 mm

Die mit der D70 an­ge­fer­tig­ten Repros haben mit netto etwa 1700 × 1700 Pixeln eine ge­rin­ge­re Auflösung als die Scans vom V750; für mein sofobomo-pdf reicht das je­doch.

Da das Ab­fo­to­gra­fie­ren deut­lich schneller geht als das Scannen, werde ich meine sofobomo-Ne­ga­tive auf diese Art digi­tali­sieren.

Abschied – mein sofobomo-Beitrag 2009

Ob­wohl die Ver­an­stal­tung Solo Photo Book Month heißt, ist das Ziel doch eine pdf-Datei und mithin kein Buch. Letztes Jahr habe ich mit Uferzonen den­noch ein Buch ge­stal­tet und die­ses als pdf-Datei ver­öf­fent­licht.⁠8

Das aktuelle Werk Abschied habe ich da­ge­gen konsequent als pdf-Datei angelegt – inkl. Na­vi­ga­tions­ele­men­ten und Links ins Web. Mein ur­sprüng­li­ches Kon­zept habe ich je­doch verworfen und das Pro­jekt komplett neu auf­ge­setzt.

Down­load: 🗎⁠ ⁠Martin Frech: Abschied (2009)a

Die­ses Pro­jekt habe ich spä­ter zu meiner Ar­beit Abschied wei­ter­ent­wi­ckelt.


Fußnoten.
1vgl. Frech, Martin: »Mein Buch ›Uferzonen‹«. In: Notizen zur Fo­to­gra­fie, 01.06.2008. Online: medienfrech.de/foto/NzF/2008-06-01_Martin-Frech_Mein-Buch-Uferzonen.html [2020-07-15]
2zur Idee siehe: Butzi, Paul: »Solo Photo Book Month«. Auf Musings on Photography, 18.01.2008. Online: ⁠ ⁠photomusings.wordpress.com/2008/01/18/solo-photo-book-month/ [2020-07-13]
3Das waren meine ein­zel­nen Posts auf dem alten blog:
— sofobomo 2009 | fertig (26.06.2009)
— sofobomo 2009 | Digi­tali­sieren (12.06.2009)
— sofobomo 2009 | Kon­tak­te 3 und 4 (05.06.2009)
— sofobomo 2009 | Photo-pdf statt Photobuch (01.06.2009)
— sofobomo 2009 | Projektstart, erste Kon­tak­te (31.05.2009)
— sofobomo 2009 | ORWO NP 20 (15.05.2009)
4Butzi, Paul: »Rules and PDF Size«. Auf Musings on Photography. 31.05.2009. Online: ⁠ ⁠photomusings.wordpress.com/2009/05/31/rules-and-pdf-size/ [2009-06-01]
5http://www.sofobomo.org/2009/page/rules/ [2009-06-01; nicht mehr da]
6McGregor, Gordon: »Twelve thoughts on PDF for Photography«. Auf Photo­Expressions, 19.04.2009. Online: ⁠ ⁠gordonmcgregor.blogspot.com/2009/04/twelve-thoughts-on-pdf-for-photography.html [2009-06-01]
7Jago, Colins auf auspicious dragon. Online: http://www.auspiciousdragon.net/photowords/?p=1882 [2009-06-01; nicht mehr da]
8Frech, Martin: »Mein Buch ›Uferzonen‹«. a⁠.⁠ ⁠a⁠.⁠ ⁠O⁠.
ahttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-05-15/Martin-Frech_Abschied_sofobomo-2009.pdf
bhttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-06-26_Martin-Frech_Apple-QuickTake-100.html
chttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2011-10-09_Martin-Frech_Fotobuch-boomt-SoFoBoMo-schlieszt.html

Weiterlesen: ⁠ ⁠Apple Quick­Take 100b, ⁠ ⁠Fo­to­buch boomt – SoFoBoMo schließtc

Zitierempfehlung (.BibTeX, .txt):
Frech, Martin: »Mein Buchprojekt ›Abschied‹«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-05-15. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-05-15_Martin-Frech_Mein-Buchprojekt-Abschied.html
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Zitierempfehlung:
Frech, Martin: »Mein Buchprojekt ›Abschied‹«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-05-15. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-05-15_Martin-Frech_Mein-Buchprojekt-Abschied.html$1