Film: Rollei R3

Martin Frech

Ich habe mich einige Zeit mit dem Film Rollei R3 beschäftigt, der vom Ver­trieb vielversprechend angekündigt wurde; bei­spiels­wei­se mit dem Versprechen, er sei langfristig in einer großen Formatvielfalt lieferbar.
Da bin ich wohl mal wieder auf Hamburger Prosa reingefallen …

Teltowkanal, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Teltowkanal, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Teltowkanal, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)

Der Rollei R3 ist der Nachfolger des Maco Cube 400c. Die Emulsion ist identisch, der R3 hat je­doch eine Beschichtung zur Verbesserung der Planlage. Grundlage ist der ORWO TC27, ein Verkehrsüberwachungsfilm (erweiterter Rotbereich), den Filmotec (Wolfen) 1996 lancierte.⁠12

Werbeplakat, Berlin (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Werbeplakat, Berlin (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Werbeplakat, Berlin (Foto: Martin Frech, 1/2008)

Die technischen Daten klingen in­te­r­es­sant: Der Rollei R3 ist ein dreischichtiger su­per­pan­chro­ma­ti­scher Schwarzweiß-Negativfilm mit klas­sisch­er Kristall­struktur (sensibilisiert im Bereich ca. 380 nm bis > 700 nm) auf Polyester-Basis mit einer Nenn­emp­find­lich­keit von ISO 400/27°.
Der Schwarz­schild­effekt bewegt sich laut Daten­blatt im üblichen Bereich klas­sisch­er Filme, z⁠.⁠ ⁠B⁠., ist die gemessene Belichtungs­zeit länger als eine Sekunde, muss tat­säch­lich deutlich länger be­lich­tet werden (z⁠.⁠ ⁠B⁠. 2 s statt 1 s, 10 s statt 4 s 60 s statt 15 s, 350 s statt 60 s).⁠3

Kerze am Weihnachts­baum (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Kerze am Weihnachts­baum (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Kerze am Weihnachts­baum (Foto: Martin Frech, 1/2008)

Der Film wird mit der Eigenschaft beworben, er sei über den riesigen Empfindlich­keits­bereich von ISO 25 bis 6400 einsetzbar; bei angepasster Ent­wicklung der jeweiligen Schichten. Empfohlene Entwickler für den Rollei R3 sind Rollei Low Speed (RLS = CG 512) und Rollei High Speed (RHS = LP Supergrain = Amaloco AM 74).
Filmotec empfiehlt in der ORWO-Vorschrift 1102 Kodaks Klassiker D-76 zur Ent­wicklung des TC-27.⁠4

Berlin; aus der Serie »en passant« (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Berlin; aus der Serie »en passant« (Foto: Martin Frech, 1/2008)
Berlin; aus der Serie »en passant« (Foto: Martin Frech, 1/2008)

Wie auch immer. Ich habe den Film in der Kleinbild-Variante ausprobiert mit einem E⁠.⁠ ⁠I⁠. zwischen 200 und 800, entwickelt in RHS (1+7) und 3 min. Vorwässerung. Die Ergebnisse bei einem E⁠.⁠ ⁠I⁠. von 400 gefallen mir, der Film zeigt bei meiner Ver­arbei­tung ein gepflegtes Korn, wie ich es auch bei Ilfords HP5+ schätze; knapper be­lich­tet konnte ich dem Film je­doch nichts abgewinnen. Groß­artig ist der Polyester-Träger des Rollei R3; die Ne­ga­tive liegen im Scanner über das volle Format perfekt flach.

Diese Erfahrungen haben mich je­doch weder dazu bewogen, meine Standard­filme aufzugeben, noch dazu verleitet, mich intensiver mit dem Rollei R3 zu befassen. Neben den für mich unbefriedigenden Er­geb­nis­sen bei knappem Licht (E⁠.⁠ ⁠I⁠. größer 400) ärgert mich, dass das Format­vielfalt-Versprechen des Vertriebs schnell ge­bro­chen war: die Plan­filme sind schon eine Weile nicht mehr lieferbar und wie zu hören ist, wird auch der Rest nur noch abverkauft; und das nur wenige Jahre nach Produkt­einführung! Wieder ein Beispiel, das meine bereits dargelegten Gedanken zum Markt für Schwarzweissfilm5 bestätigt.

Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Rollei R3, E⁠.⁠ ⁠I⁠. 400 entwickelt in RHS 1+7, Scan vom Ne­ga­tiv mit Nikon Coolscan 4000 und VueScan als Raw-Datei, Ausarbeitung mit Photoshop
Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Ausschnitt aus obigem Negativscan
Stadtbücherei, Berlin (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Stadtbücherei, Berlin; Ausschnitt (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Stadtbücherei, Berlin; Ausschnitt (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Ausschnitt aus dem Scan (Epson V750) einer Vergrößerung desselben Negativs (11-fach linear, mit EL-Nikkor 4/50 mm auf Adox Fine Print Variotone Premium, entwickelt in Fomatol PW)
Stadtbücherei, Berlin; Ausschnitt (Foto: Martin Frech, 2/2008)
Scan vom Ne­ga­tiv
Scan vom Abzug
© Martin Frech: Kind (Berlin, 2008); Rollei R3, E⁠.⁠ ⁠I⁠. 400 entwickelt in RHS 1+7, Scan vom Negativ mit Nikon Coolscan 4000 und VueScan als Raw-Datei, Ausarbeitung mit Photoshop; Detail© Martin Frech: Kind (Berlin, 2008); Rollei R3, E⁠.⁠ ⁠I⁠. 400 entwickelt in RHS 1+7, Scan vom Abzug; Detail

Alle Photos in diesem Beitrag wurden auf den Film Rollei R3/KB (E⁠.⁠ ⁠I⁠. 400 und 800) auf­ge­nom­men und in Rollei High Speed (1+7) nach Herstellerangabe entwickelt.


Fußnoten.
1CUBE 400c (Datenblatt Januar 2004). Online verfügbar: http://www.mahn.net/TAcube4e.pdf [2009-07-26; nicht mehr da]
2TECHNISCHE INFORMATIONEN ORWO Verkehrsüberwachungsfilm TC 27. online verfügbar: http://www.filmotec.de/Produkte/TC_27/tc_27.html [2009-07-26; nicht mehr da]
3Rollei R3. Ein überzeugendes Film- und Entwicklungskonzept für alle Bereiche der bild­mäßigen Schwarz­Weiß-Fo­to­gra­fie. Produkt­information und Bedienungs­hinweise. 2. Aufl. Nov. 2005. Online verfügbar: maco-photo.de/files/images/TA_Rollei_R3_dt.pdf [2009-07-26; nicht mehr da]
4ORWO-Vorschrift 1102 (2003). Online verfügbar: http://www.filmotec.de/Informationen/Verarbeitung/1102/V-I-VV-1102_4.pdf [2009-07-26; nicht mehr da]
5Frech, Martin: »Gedanken zum Markt für Schwarzweißfilm«. In: Notizen zur Fo­to­gra­fie, 23.03.2008. Online: ⁠ ⁠medienfrech.de/foto/NzF/2008-03-23/Gedanken-zum-Markt-fuer-Schwarzweissfilm.html [2020-07-11]
Zitierempfehlung (.BibTeX, .txt):
Frech, Martin: »Film: Rollei R3«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-07-26. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-07-26_Martin-Frech_Film-Rollei-R3.html
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Zitierempfehlung:
Frech, Martin: »Film: Rollei R3«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-07-26. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-07-26_Martin-Frech_Film-Rollei-R3.html$1