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Brom­öl­druck, ein fo­to­gra­fi­sches Edel­druck­ver­fah­ren

Martin Frech
Abstract.
Im Oktober [15.10.2009] haben wir mit einer Vernissage in Köln die Aus­stel­lung mit Brom­öl­druck­en des Fo­to­gra­fen EO Albrecht (1938 – 2017) er­öff­net. Zur Ein­führ­ung habe ich eine kurze An­spra­che ge­hal­ten, die ich hier do­ku­men­tie­re.
EO Albrecht: Hohes Venn V (Foto: Martin Frech, 10/2009)

Meine Ein­führ­ung zu unserer Aus­stel­lung besteht aus drei Teilen: Ich werde zunächst EO Albrechts fo­to­gra­fi­schen Hin­ter­grund skizzieren, dann seine Ar­bei­ten fo­to­his­to­risch einordnen und ab­schlie­ßend die Tech­nik des Brom­öl­drucks er­klä­ren.

Das Pub­li­kum lauscht meiner Ein­führ­ung während der Vernissage. (Foto: A. Jecke/AfM)

1. EO Albrechts Zugang zur Fotografie

EO Albrecht ist ge­lern­ter Grund­schul­lehrer – und hat als solcher ab 1962 im Wes­ter­wald ge­ar­bei­tet. Die Fo­to­gra­fie betrieb er parallel als Hobby – schon seit Schüler­zeiten.
1968 be­gann er eine Aus­bil­dung zum Fo­to­gra­fen an der ame­ri­ka­ni­schen Fern­schule »Famous Pho­tog­ra­phers School«, die da­mals eine Filiale in München betrieb. 1971 konnte er seine Ge­sel­len­prü­fung als Fo­to­graf ablegen.

Die »Famous Pho­tog­ra­phers School« bestand bis 1972 und wird ge­le­gent­lich in ein­schlä­gi­gen Le­bens­läufen erwähnt, ist je­doch etwas in Ver­ges­sen­heit geraten.
Sie wurde 1961 von dem Fo­to­gra­fen Victor Keppler in den USA ge­grün­det; unter dem Dach der »Famous Artists School«, die auch Kurse für Kunst­maler und Autoren anbot. Richard Avedon, Philippe Halsman, Irving Penn und Alfred Eisenstaedt haben wer­be­wirk­sam im Hin­ter­grund gewirkt und zu­min­dest Bild­ma­te­ri­al für die Kurs­unter­lagen bei­gesteuert.

Nun hatte EO Albrecht zwei für ihn attraktive Berufe – alleine die Mög­lich­keit, die Art der Er­werbs­arbeit zu wählen, gab ihm fortan die Frei­heit, den jeweiligen Beruf nicht ausüben zu MÜSSEN.
EO Albrecht hat sich letztlich für den Schul­dienst ent­schie­den – er ist Foto-Ama­teur ge­blie­ben.
Diese Zu­schrei­bung trifft hier keine Aussage über seine fachliche Quali­fi­ka­tion oder sein hand­werk­liches Können.
Viel­mehr sage ich das mit ei­nem Anflug von Neid: Herr Albrecht KANN die Fo­to­gra­fie als Lieb­ha­be­rei be­trei­ben – er kann im eigenen Tempo die EIGENEN Themen bearbeiten.

EO Albrecht (2. v. re., Foto: A. Jecke/AfM)

2. EO Albrechts Arbeiten im fotogeschichtlichen Kontext

Was sind EO Albrechts Themen?
Schmet­ter­linge, Akte, Land­schaf­ten.
Ich würde sagen, EO Albrecht ist Na­tur­fo­to­graf.
Ein Na­tur­fo­to­graf mit einer deut­lich ro­man­ti­schen Sicht auf die Dinge: seine Bilder zei­gen gefühlvolle, ahnungs­reiche Na­tur­dar­stel­lun­gen, un­heim­lich er­schei­nen­de Sze­nen, ein Hang zum Fragment ist deut­lich.

Er zeigt uns die »Schönheit der Schöpfung«.
Mit ei­nem Seiten­blick auf seine (hier nicht ge­zeig­ten) Island-Bilder und im Hinblick auf seine Be­geis­te­rung für aktive Vulkane möchte ich ergänzen: EO Albrecht zeigt uns nicht nur das Er­geb­nis – er lässt uns auch in die Werk­statt des Schöpfers blicken und führt uns dessen Werk­zeu­ge vor: Vulkanismus, Wasser und Wind.

EO Albrecht do­ku­men­tiert das Holozän. Die Folgen mensch­li­chen Wir­kens in­te­res­sie­ren ihn dabei nur marginal: Die Spuren des An­th­ro­po­zän finden sich bei ihm nur in Form abs­tra­hier­ter Stadt­land­schafts-Frag­men­te, die wir in seinen Akt­mon­ta­gen er­ken­nen.

EO Albrecht: Zärtlich

EO Albrecht steht mit seinen von uns aus­ge­stell­ten Brom­öl­druck­en in der Tra­di­tion der Kunst­fo­to­gra­fen, der Pik­toria­listen. Diese fo­to­gra­fi­sche Be­we­gung for­mier­te sich ab Mitte des 19. Jahr­hun­derts. Um 1900 hatte sie ihre größte Be­deu­tung, bis in die 1940er-Jahre wurden ent­spre­chen­de Salons ver­an­stal­tet. Ihre Auf­fas­sun­gen wirken bis heute nach.

Die Kunst­fo­to­gra­fen ver­such­ten, mit den Malern zu kon­kur­rie­ren. Sie ar­bei­te­ten nach deren äs­the­ti­schen Vor­stel­lung­en, wobei sie na­he­zu jeden Stil aus der Malerei des 19. Jahr­hun­derts auf die Fo­to­gra­fie übertrugen.
Pro­gram­ma­tisch setzten sie auf Idylle, ihre Motive waren Land­schaf­ten, Por­träts und Akte. Die Spuren der Industriali­sierung blen­de­ten sie bewußt aus.

Die Kunst­fo­to­gra­fen bildeten die erste globale Fo­to­gra­fie­be­we­gung.
He­raus­ra­gen­de Ver­tre­ter die­ser Schule sind Henry Peach Ro­bin­son, der studierte Maler Edward Steichen, Gertrude Käse­bier, Alvin Langdon Coburn, aber auch der frühe Edward Weston oder der junge Yousuf Karsh, der noch 1930 er­folg­reich in Salons der Pik­tora­listen ausstellte.
Stark befördert wurde die Be­we­gung von Alfred Stieglitz und seiner legendären Zeit­schrift »Camera Work«, die von 1903 – 1917 erschien.

Um die Gleich­wertig­keit ihrer Ar­bei­ten mit denen der an­er­kan­nten Künst­ler ihrer Zeit zu betonen, ver­schlei­er­ten die Pik­toria­listen gerne den tech­ni­schen Aspekt ihrer Abzüge – üb­li­cher­wei­se handelte es sich um Kon­takt­kopien. Die fo­to­gra­fier­ten Ne­ga­tive be­trach­te­ten sie dabei häufig als Roh­ma­teri­al, das übermalt, retuschiert und kom­bi­niert wurde.
Die heute eher des­pek­tier­lich als »kunst­fo­to­gra­fisch« be­nann­ten Ver­fah­ren Platin­druck, Gummi­druck und eben der Brom­öl­druck, wurden da­mals ent­wick­elt und von den Pik­toria­listen weidlich ge­nutzt – eben aufgrund der erzielbaren »künst­le­ri­schen« An­mu­tun­gen.

In unserer Aus­stel­lung sehen Sie aus­schließ­lich Brom­öl­drucke, die EO Albrecht nach Ori­gi­nal­ne­ga­tiv­en an­ge­fer­tigt hat – das sind die Land­schaf­ten – bzw. Brom­öl­drucke von Montagen, also Kom­bi­na­ti­ons­kopien ganz in der Tra­di­tion des erwähnten Henry Ro­bin­son.

Sie können die ge­zeig­ten Bilder kaufen, sollten je­doch wissen, dass EO Albrecht zur Angabe der Auf­la­gen­höhe sowie zur Zählung der ein­zel­nen Abzüge einer Auflage ein eigenes System ver­wen­det:
Die auf den Blättern angegebene Auf­la­gen­höhe ist die ma­xi­ma­le Anzahl von Aus­ar­bei­tun­gen des jeweiligen Motivs, mög­lich­er­weise sogar mit un­ter­schied­lich­en Tech­ni­ken.
Diese Anzahl muss nicht in jedem Fall bereits erreicht sein, wird je­doch nicht über­schritten wer­den.
So kann es sein, dass von ei­nem Motiv Bromsilber-Ge­la­ti­ne­ab­züge, Brom­öl­drucke sowie Tinten­strahl­aus­drucke (Pig­ment­drucke) existieren. Innerhalb der Auflage sind diese fort­lau­fend nummeriert.

Nach den bio­grafischen Notizen und den Anmerkungen zum his­to­ri­schen Kon­text komme ich nun zum dritten und letz­ten Teil meiner Ein­führ­ung.

EO Albrecht, Martin Frech, Tobias D. Kern (von links, Foto: A. Jecke/AfM)

3. Die Technik des Bromöldrucks

Der Brom­öl­druck ist, wie erwähnt, eines der kunst­fo­to­gra­fischen Edel­druck­ver­fah­ren; er kom­bi­niert – hand­werk­lich ge­sehen – die Fo­to­gra­fie und die Malerei. Sowohl die Aus­ar­bei­tung des Schwarz­weiß-Abzugs als auch die Tech­nik des Einfärbens haben je­weils Einfluss auf die An­mu­tung des end­gül­ti­gen Bildes.
Das Prin­zip beruht darauf, dass sich Öl und Wasser abstoßen; analog funk­tio­nie­ren die Litho­gra­fie und der Off­set­druck.

Aus­gangs­punkt ist ein kon­ven­ti­o­nel­ler Brom­sil­ber­pa­pier-Abzug – eine klas­si­sche Ver­grö­ße­rung also, al­ler­dings speziell aus­ge­ar­bei­tet im Hinblick auf die spätere Ein­fär­bung.

Im zwei­ten Schritt wird die­ser Abzug ge­bleicht, dabei härtet die Ge­la­ti­ne­schicht proportional zur Sil­ber­menge im Bild. Stellen mit viel Bild­silber, die dunklen Partien, wer­den härter als die hellen Bildteile.

Ist die­ses gebleichte Bild getrocknet, lässt man es in warmem Wasser quellen. Dabei ensteht ein Relief abhängig von der Härte der Ge­la­ti­ne­schicht.

Nach einer Zwi­schen­trock­nung wird das Relief ein­ge­färbt, in­dem man die Farbe mit Pinsel oder Rolle aufträgt. Üb­li­cher­wei­se wird mit Stein­druck­far­ben ge­ar­bei­tet, präparierte Off­set­farbe ist eben­falls verwendbar.
Das Farb­auf­tra­gen ist kein einfaches Ein­fär­ben: durch die Wahl der Farbe und des Werk­zeugs sowie die Art des Färbens hat der Künst­ler großen Einfluss auf die Wie­der­gabe der Ton­werte.

Auf den kaum gequollenen Stellen haftet die ölige Farbe, da dort wenig Wasser vor­han­den ist, die stark gequollenen Lichter­partien ent­hal­ten viel Wasser und nehmen ent­spre­chend wenig Farbe an.

Brom­öl­drucke sind also ein­ge­färb­te Schwarz­weiß­ab­zü­ge und keine Drucke im ei­gent­li­chen Sinn. Es handelt sich nicht um Kopien von einer Druckform – daher ist jeder Brom­öl­druck ein Uni­kat.

Danke fürs Zuhören!

EO Albrecht: Land­schaf­ten und Akt­mon­ta­gen (Brom­öl­drucke)
Aus­stel­lungs­ort: ⁠ ⁠schael­pic fo­to­kunst­bara
Schan­zen­stra­ße 27
51063 Köln
Tel. (02 21) 29 99 69 20
Aus­stel­lungs­dau­er:
16. Okober bis 27. No­vem­ber 2009
(Mo. bis Fr., 10 bis 18 Uhr
und nach Vereinbarung)
Der Fo­to­graf EO Albrecht (1938 – 2017)

Wie funk­tio­niert ei­gent­lich der Brom­öl­druck?
korrigierter Nachdruck aus Rand­ge­biete 3, 2 (2005) 2 (No­vem­ber 2005), S. 9 f.
(🗎⁠ ⁠komplettes Heft als pdf-Dateib)

Der Brom­öl­druck, ein fo­to­gra­fi­sches Edel­druck­ver­fah­ren, wurde im 19. Jahr­hun­dert ent­wick­elt. Soviel war mir be­kannt. Auch hatte ich schon Brom­öl­drucke ge­sehen und kannte ihre pik­toria­lis­ti­sche An­mu­tung. Doch wie stellt man einen Brom­öl­druck her?
Die Firma Mo­no­chrom machte diese Frage zum Thema eines Sams­tag­nach­mit­tags am 5. No­vem­ber 2005. Referent war Siegfried Utzig, ein erfahrener Praktiker die­ser Kunst, auch aus­weis­lich seiner mehr­farbigen Brom­öl­drucke, die in der Mo­no­chrom-Ga­le­rie zu sehen waren.⁠1

Für den Brom­öl­druck benötigt man kein Zwi­schen­nega­tiv. Die Basis für das Ver­fah­ren sind herkömmlich aus­ge­ar­bei­te­te Schwarz­weiß-Ver­grö­ße­rung­en auf Brom­sil­ber­pa­pier, die je­doch (im Po­si­tiv) um etwa eine Blende über­be­lich­tet wer­den. Wich­tig ist, daß die Schicht nicht ge­här­tet ist, gän­gige Papiere sind daher für den Brom­öl­druck nicht zu gebrauchen, auch Ent­wick­ler und Fixierer dürfen keine Härter ent­hal­ten. Herr Utzig empfahl als Papier das Art Document von Kentmere, als Ent­wick­ler und Fixierer eignen sich bei­spiels­wei­se Eukobrom und Turafix. Wich­tig ist, das Papier ab­schlie­ßend gut zu wässern. Will man den Brom­öl­druck erst spä­ter machen, kann die Ver­grö­ße­rung getrocknet wer­den.

Im nächsten Schritt wird das nasse Bild ins Bleich-/Gerbbad gegeben. Das Sil­ber­bild ver­schwin­det zugunsten eines Ge­la­ti­ne­reliefs: Die Menge des Silbers bestimmt den Grad der Härtung, schwärzere Stellen (viel Silber) härten mehr als hellere Bereiche. Das Bleich­bad enthält u⁠.⁠ ⁠a⁠. Chrom­säure und ist sehr ge­sund­heits­schädl­ich – vor­sich­ti­ges Ar­bei­ten mit dicken Gum­mi­hand­schuhen ist wich­tig! Das gebleichte Bild muß wieder gründ­lich ge­wäs­sert und in ei­nem Zwi­schen­schritt über Nacht gut getrocknet wer­den, damit sich das Ge­la­ti­ne­relief voll­stän­dig ausbilden kann.

Bevor das Bild ge­färbt wird, muß es in warmem Wasser (etwa 15 Minuten bei anfangs 40 Grad) wieder quellen. Nun wird die Ober­fläche vorsichtig getrocknet und der »Druck« kann beginnen. Mit Pinseln, Schwämmen oder Lack­rollen wird die Farbe auf das bleiche Bild getupft oder gerollt, wobei sich der Brom­öl­druck »ent­wick­elt«. Die Art des Auftragens entscheidet über die Cha­rak­te­ris­tik des end­gül­ti­gen Bildes. Das funk­tio­niert je­doch nur mit zähen und fett­haltigen Farben, bei­spiels­wei­se Buch­druck­farben.

Das Prin­zip beim Brom­öl­druck ist – wie bei so vielen Druck­ver­fah­ren --, daß sich Fett und Wasser abstoßen. Die hellen Stellen im Bild sind wenig ge­här­tet und ent­hal­ten mehr Wasser als die dunklen Stellen, die somit die Fett­farbe besser annehmen.


Fußnoten.
1Berlin, Mo­no­chrom (Ackerstraße 23 – 26, 10115 Berlin): »Siegfried Utzig: Abschied aus dem Ferrozän«. 9. Sep­tem­ber bis 9. No­vem­ber 2005
ahttp://www.schaelpic.de/
bhttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-11-03/Martin-Frech_R3-2005.pdf
chttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2014-05-17_Martin-Frech_Die-Phase-des-Pictorialismus-in-der-Geschichte-der-Fotografie.html

Weiterlesen: ⁠ ⁠Die Phase des Pic­to­ri­a­lis­mus in der Ge­schich­te der Fo­to­gra­fiec

Zitierempfehlung (.BibTeX, .txt):
Frech, Martin: »Brom­öl­druck, ein fo­to­gra­fi­sches Edel­druck­ver­fah­ren«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-11-03. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-11-03_Martin-Frech_Bromoeldruck-ein-fotografisches-Edeldruckverfahren.html
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Frech, Martin: »Brom­öl­druck, ein fo­to­gra­fi­sches Edel­druck­ver­fah­ren«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-11-03. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2009-11-03_Martin-Frech_Bromoeldruck-ein-fotografisches-Edeldruckverfahren.html$1