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Worin besteht die Relevanz emul­si­ons­ba­sier­ten Fo­to­gra­fierens?

Martin Frech

Foto- und Me­di­en­künst­ler, die emul­si­ons­ba­siert ar­bei­ten, haben zu­neh­mend Prob­leme mit der Ma­te­ri­al­be­schaf­fung.

Sie haben ge­gen­über den Kollegen in den an­de­ren Sparten – bei­spiels­wei­se den Malern oder Bildhauern – das Prob­lem, dass sie am Tropf einer Industrie hängen. Und zwar einer Industrie, die mit der angewandten Fo­to­gra­fie und den Vor­führ­ko­pien des Kinos groß ge­wor­den ist. Zu groß für heutige Ver­hält­nis­se.

Die angewandten Fo­to­gra­fen sind um­ge­stie­gen und im Kino wer­den Bilder aus Daten projiziert. Jetzt reicht die Ma­te­ri­al-Nachfrage der Fo­to­künst­ler offenbar nicht, um die industrielle Produktion zu finanzieren. Also ver­schwin­den die Pro­duk­te vom Markt.

Die Künst­ler haben je­doch ernst­haf­te Gründe, an ihrem Ma­te­ri­al fest­zu­hal­ten.
Was tun, wenn man wei­ter­hin emul­si­ons­ba­siert ar­bei­ten will?

Judith Joy Ross hat mit der Schwarz­weiß-Fo­to­gra­fie auf­ge­hört, als ihre Vorräte an Aus­ko­pier­pa­pier auf­ge­braucht waren. Manfred Hamm hört mit der Farb­fo­to­gra­fie auf, weil sein be­vor­zugtes Dia­ma­te­ri­al nicht mehr erhältlich ist.⁠1

Eine andere Mög­lich­keit ist, sich von In­dus­trie­pro­duk­ten un­ab­hängig zu machen; wie bei­spiels­wei­se die Kollegen von der Nassplatten-Fraktion, die ihr Ma­te­ri­al selbst beschichten oder Lomig Perrotin, der in Frank­reich pri­mi­ti­ve Roll­filme selbst her­stellt.

Eine weitere Mög­lich­keit wären staatliche Subventionen zum Erhalt der Film- und Fo­to­pa­pier­pro­duk­tion.

Das – und den Welt­erbe-Ti­tel für den fo­to­che­mi­schen Film – fordert bei­spiels­wei­se die Me­di­en­künst­ler­in Tacita Dean. Denn wenn eine Film­fabrik erst abgewickelt ist, wären die Schwie­rig­kei­ten enorm, die Produktion wieder neu zu starten.

Als ob das Ma­te­rial­prob­lem nicht schon schlimm genug wäre, habe ich zu­dem von Kollegen gehört, die sich für das Festhalten an ihrer Ar­beits­wei­se recht­fer­ti­gen müs­sen. Im Sinne von: steig’ doch endlich um – digital ist doch eh’ viel besser.

Wäre es nicht sinnvoller, die Kollegen in ihrem Tun zu bestärken: »Don’t kill film, shoot it« – und sich nebenbei dafür einzusetzen, dass diese Kul­tur­tech­nik er­hal­ten bleibt?

Worin besteht heute die Relevanz emul­si­ons­ba­sier­ten Fo­to­gra­fierens?

(Aus meiner Ein­führ­ung zur Po­di­ums­dis­kus­si­on »Silber gegen Bytes« im MAKK, dem Museum für angewandte Kunst Köln, am 19.09.2014, organisiert von der ⁠ ⁠schael­pic pho­to­kunst­barb, Köln)


Fußnoten.
1⁠ ⁠Film­ma­te­ri­al: Die Ma­te­rial­fra­ge des Dia-Fo­to­gra­fena
ahttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2012-07-04_Martin-Frech_Die-Materialfrage-des-Dia-Fotografen.html
bhttps://www.schaelpic.de
Auf einem Podium sitzen vier Personen: Rolf Sachsse (HBKsaar Saarbrücken), Reinhard Matz (Fotograf, Autor und Künstler aus Köln), Miriam Halwani (Museum Ludwig), Thomas Bachler (Künstler aus Dresden) (v.li.). An die Wand hinter ihnen ist projiziert ›Silber und Bytes – 175 Years of Photography‹. (Foto: Markus Bollen, 9/2014)
Silber und Bytes | Silber gegen Bytes; Po­di­ums­dis­kus­si­on, v.li.: Rolf Sachsse (HBKsaar Saarbrücken), Reinhard Matz (Fo­to­graf, Autor und Künst­ler aus Köln), Miriam Halwani (Museum Ludwig), Thomas Bachler (Künst­ler aus Dresden) (Foto: Markus Bollen, 9/2014)
Auf einem Podium sitzen vier Personen: Rolf Sachsse (HBKsaar Saarbrücken), Reinhard Matz (Fotograf, Autor und Künstler aus Köln), Miriam Halwani (Museum Ludwig), Thomas Bachler (Künstler aus Dresden) (v.li.). An die Wand hinter ihnen ist projiziert ›Silber und Bytes – 175 Years of Photography‹. (Foto: Markus Bollen, 9/2014)
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Frech, Martin: »Worin besteht die Relevanz emul­si­ons­ba­sier­ten Fo­to­gra­fierens?«. In: Notizen zur Fotografie, 2014-09-29. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2014-09-29_Martin-Frech_Worin-besteht-die-Relevanz-emulsionsbasierten-Fotografierens.html
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Frech, Martin: »Worin besteht die Relevanz emul­si­ons­ba­sier­ten Fo­to­gra­fierens?«. In: Notizen zur Fotografie, 2014-09-29. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2014-09-29_Martin-Frech_Worin-besteht-die-Relevanz-emulsionsbasierten-Fotografierens.html$1